So, es ist geschafft. Mit meinem 8 Tough Guy Original, der einen würdigen Rahmen für mein Jubiläum bot, ist die magische Zahl von 100 Hindernisläufen geknackt. Und toi, toi, toi. Alle gesund und erfolgreich überstanden. Seit 2009 quäle ich mich bei jedweglichen Witterungsverhältnissen durch Schlamm und über Hindernisse. Egal ob klirrender Frost oder brütende Hitze.

Plötzlich OCR-Junkie
Begonnen hat alles mit dem Strongmanrun 2009 in Weeze. Damals noch mit einer unerschrockenen Truppe am Start ging es auf die Piste am Flughafengelände entlang. Von dieser Truppe bin ich als Einziger, der diesem Sport verfallen ist, übrig geblieben. Ein OCR-Junkie sozusagen. Aber was soll´s. Jeder hat so seine Laster und bei mir sind es halt Hindernisläufe. Doch was macht diesen Sport so besonders? Für mich ist es die Kombination aus Laufen und Hindernissen, die daraus resultierende Abwechslung und die Herausforderung, der Strecke, den Hindernissen und den Elementen zu trotzen. Einzigartig ist auch das Teamwork. Wildfremde Leidensgenossen helfen sich beim Kampf auf der Strecke. Es werden Hände gereicht, es wird gezogen und geschoben, gelitten und gejammert. Gemeinsam. Doch alle haben ein Ziel. Ankommen. Bei keinem anderen Sport habe ich es in dieser Intensität erlebt. Er führt uns vor Augen, daß wir trotz unserer Bedenken und Ängste Unüberwindbares meistern können und Unmögliches möglich machen. Haben wir es dann geschafft, dürfen wir mit Recht Stolz auf uns sein. Übertragt man diese Energie und das Erfolgserlebnis auf den Alltag, geht man in diesem auch positiver mit den anstehenden Herausforderungen um.
Von 2009 bis heute. Hindernisläufe auf der Überholspur
Doch was hat sich seit 2009 geändert? Sehr viel. 2010 erblickten in Deutschland neben dem Strongmanrun weitere Hindernisläufe das Licht der Welt, wie z.B. der BraveheartBattle oder der Lake Run. Die Teilnehmerzahlen gingen damals lediglich in die Hunderte, das Auffinden der Läufe war schwierig, weshalb ich mich damals entschloss, über die noch junge Sportart einen Blog zu schreiben und einen Terminkalender für Hindernisläufe ins Leben zu rufen. Die Szene wuchs über die Jahre stark an und ich traf gleichgesinnte Mitstreiter, die mich auch heute noch regelmäßig begleiten. Bei unseren europäischen Nachbarn, insbesondere in den Beneluxländern, befand sich der Sport ebenfalls auf der Überholspur. Mit dieser Entwicklung wurden die Hindernisse anspruchsvoller, athletischer und abwechslungsreicher. Dem Sport zum Durchbruch verholfen haben sicherlich die großen U.S. amerikanischen Veranstalter wie Tough Mudder oder Spartan Race. Mit entsprechender Money- und Marketingpower eroberten sie ein europäisches Land nach dem anderen. Durch ihr schnelles Wachstum machten sie einerseits den Sport für die breite Masse attraktiv, andererseits stellten sie aber auch eine Bedrohung für die Independence dar. Über die Zeit haben sich aber auch kleinere Veranstalter etabliert. Neben großen Rennserien wie Tough Mudder, Strong Viking oder Spartan Race mit immer neuen und spektakuläreren Hindernissen gibt es auch zahlreiche, kleinere Veranstalter wie Harzer Keiler Run oder Motorman Run, die mit Herzblut und Idealismus für die notwendige Vielfalt sorgen. So entwickelte über die Jahre jeder Lauf seinen eigenen Charakter. Dies macht meines Erachtens auch den Reiz des Sports aus. Gerade die unabhängigen Veranstalter leisten einen enormen Beitrag für ihre Region, den Tourismus und die Menschen vor Ort. Ich persönlich habe durch meine zahlreichen Teilnahmen ganz neuen Ecken in Deutschland entdecken und schätzen gelernt. Ecken mit enthusiastischen, herzlichen und einzigartigen Menschen.
Quo vadis OCR?
Doch wie geht die Reise weiter? Werden Hindernisläufe bald olympisch? Diese Diskussion wird in den U.S.A. bereits geführt. In dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat die Teilnehmerzahl an Obstacle Course Races die der Halb- und Marathonläufe bereits

übertroffen (Quelle: http://www.runningusa.org , State of the Sport – Part I: Non-Traditional Running Events, April 2014). Laut USA TODAY arbeiten die größten Veranstalter daran, daß Obstacle Course Racing zu den Sommerspielen 2024 olympisch wird. Diese Entwicklung zeigt, wo die Reise wahrscheinlich hingeht. Innerhalb weniger Jahre ist nicht nur in den USA rund um diesen Sport eine wahre Industrie mit geschätzt 4,25 Millionen Teilnehmern und einem Umsatz von ca. 341,5 Millionen Dollar im Jahr 2016 entstanden (Quelle: Report Obstacle Race World, “The State of the Mud Run Business” Second Edition, 2016).
Und in Europa? Hier hinkt die Entwicklung etwas hinterher. Einige Märkte wie z.B. U.K., das Mutterland des OCR Sports, sind bereits gesättigt, andere sind noch am Wachsen. Die heterogene Marktentwicklung der einzelnen Länder haben eine differenzierte, länderspezifische Entwicklung zur Folge. So gibt es unterschiedliche Interessensverbände, diverse Ligen und sogar zwei Europameisterschaften, die The OCR European Championships der “Alliance of European OCR Associations” und die OCR EC – OCR Independent European Championship der “OCR EC Foundation”. Diese Tatsache zeigt auch das Dilemma. Hier fehlen noch einheitliche Strukturen, die den Sport weiter professionalisieren werden. Ich bin aber zuversichtlich, daß dies in den nächsten Jahren geschehen wird.
Des Weiteren bin ich davon überzeugt, dass sich neben der Professionalisierung der Sport per se weiterentwickeln wird. Es werden sich massentaugliche, zielgruppen- und themenspezifische Formate entwickeln wie z.B. Familen- oder Frauenläufe, was in einer größeren Angebotsvielfalt mündet. So wird einer immer größeren Gruppe an Menschen der Zugang zu einer Teilnahme an einem Hindernislauf ermöglicht. Die Geschichte des Hindernislaufs ist noch lange nicht zu Ende geschrieben. Nur die des Tough Guy Original, der Keimzelle dieser einzigartigen Sportart.
Die letzte Schlacht an der Perton Road
Nach 30 Jahren wird der originäre Tough Guy von Mr. Mouse eingestellt. Ich mag es noch gar nicht glauben, daß DAS “Familientreffen” der OCR-Szene nicht mehr stattfinden wird. Wie selbstverständlich habe ich mich jährlich auf die erste Herausforderung des Jahres vorbereitet. Viele bekannte Mitstreiter habe ich Ende Januar auf der Perton Farm immer wieder getroffen. So wurde es über die Jahre zu einer lieb gewordenen Tradition, die ich und sicherlich viele andere Tough Guys schmerzlich vermissen werden. Nächstes Jahr zu selben Zeit wird bei mir eine mentale Leere herrschen. Wahrscheinlich wie bei ganz vielen die diesen Kurs bezwungen haben.
Zwar werden weiterhin Tough Guy Events an der Perton Road ausgetragen, doch den legendäre Lauf Ende Januar über das Gelände der Farm mit anschließender Quälgarantie der Killing Fields wird es in dieser From wohl nicht mehr geben. Ich bin gespannt, wie sich Mr. Mous´s alias Billy Wilsons OCR-Erbe entwickeln wird. Ich bin froh, daß ich mich dieser Herausforderung stellen durfte. Danke Mr. Mouse für die Geburt dieser inspirierenden Bewegung, die weltweit immer mehr Anhänger gewinnt und hoffentlich diese Spirit weiterführen wird.
Euer
TC
PS: Auf die nächsten 100 🙂
Wow! Respekt und Glückwunsch zu deinen einhundert Läufen. Ich habe auf Grund von vielen Veränderungen die letzten 12 Monate das Laufen schleifen lassen, fange nun aber wieder an. Da ich nun in Finnland bin, ist meine erste Veranstaltung der ExtremeRun in Vantaa am 20.05.
Vielleicht magst du den Lauf ja auch in deinen Kalender übernehmen oder vielleicht sogar mitmachen. 😉
Hi Mei!
Danke. Ich werde den Lauf bei Gelegenheit eintragen. In Skandinavien gibt es ja auch ein paar klasse Läufe. Viel Spaß in Finnland. Gruß Andreas