Es gibt einige Hindernisse, bei denen man die Herausforderung erst realisiert, wenn man sie bewältigen muß. So war es auch mit “Artic Enema 2.0”. Ich habe bereits zahlreiche, wirklich kalte Wasserhindernisse erlebt. “Artic Enema 2.0”, das aus mehr Eis als Wasser bestand, war gefühlt eines der Kältestens.
Mit Tough Mudder besitzt die Hindernislauf-Szene eine Lauf-Serie, die an die körperliche Fitness der Teilnehmer recht hohe Anforderungen stellt. Aber dies gilt nicht nur für die Teilnehmer. Auch der eigene Anspruch an die perfekte Organisation des Events ist hoch. Lauscht man den Stimmen in den sozialen Netzwerken, so gelingt es nicht ganz, diesem Anspruch immer gerecht zu werden. Denn die ein oder andere Tatsache hat einige Gemüter erhitzt. Dazu im Fazit mehr.
Pünktlich ging es auf die Strecke
Die Anreise nach Arnsberg im Sauerland gestaltete sich recht unkompliziert. Die Beschilderung des Tough Mudders NRW war gut, Parkplätze ausreichend vorhanden. Nach Abholung meiner Unterlagen und Abgabe des Gepäcks im Mudder Village orientierte ich mich Richtung Startbereich. Hier stimmte sich die zweite Startwelle bereits lautstark auf den Lauf ein. Nachdem ich mich dazugesellte ging es auch direkt über eine Holzwand in den Startbereich. So konnte die Läuferanzahl pro Startblock einfach kontrolliert werden. Nach einer unterhaltsamen Einweisung in die Verhaltensregeln beim Tough Mudder und entsprechendem Einschwörungsritual ging es auf den rund 18 Kilometer langen Parcours. Anfangs bewegte sich die Karawane wie ein Lindwurm durch die hügelige Lansdchaft. Als erstes trafen wir auf das Hindernis “Kiss of Mud 2.0”. Hier galt es eine Schlammstrecke, die mit Stacheldraht überzogen war, entlang zu robben. Nach einer kurzen Laufpassage gelangten wir zu “Artic Enema 2.0”. Ein Baucontainer voll mit Eiswürfeln. So voll, dass kaum Wasser vorhanden war. Und um die plötzliche Schockwirkung zu erhöhen, wurde man mittels Rutsche in das eisige Nass geleitet. Als ich aus der Eismasse auftauchte stockte mir der Atem. Das war kalt. Eiskalt.Nach einigen tiefen Atemzügen holte ich erneut Luft um ein zweites Mal unterzutauchen. Denn ein Holzbrett musste noch untertaucht werden. Geschafft. Nun hieß die Devise schnell raus aus der Eismasse und weiterlaufen.
Ein ewiges Auf und Ab begann
Und um das Aufwärmprogramm perfekt zu machen wurde von den Tough Mudder Machern “Heidi`s Weg” installiert. Ein extrem steiler Grashang, den es im Slalom zu bewältigen galt. Das ging gut in die Oberschenkel. Da sah ich die folgende Schlammeinheit als willkommene Abwechslung an. Weiter ging´s zur ersten Verpflegungsstation bevor die
Strecke in den Wald einbog. Hier folgte ein stetes Auf- und Ab zum Hindernis „Balls to the Walls“. Mit der Hilfe von Seilen musste eine rund 3,50 Meter hohe Wand überwunden werden. Anschließend ging es an der „Boa Constrictor“ vorbei auf die „Mud Mile“, die ihren Namen redlich verdient hatte. Die Läufer erwartete ein schlammige, teilweise knietiefe Masse, wo Gefahr betsand, an der ein oder andere Stelle stecken zu bleiben. Eine Pampe, die über rund 500 Meter durch den Wald führte. Das war eine schöne Schei…. Nach dem Schlammbad erwartete uns „Funky Monkey 2.0“. Die Platzierung an dieser Stelle des Parcours erschien mir unglücklich. Die Stäbe aus Metall, die Hände der Läufer matschig. Da war das Ergebnis bei den meisten vorprogrammiert. Zumal es sich, wie die Ziffer 2.0 andeutete, nicht um eine oridinäre Monkey Bar handelte. Nach aufsteigenden Querstreben folgte eine frei Hängende, ehe es in eine abfallenden Längsstange überging. Ich scheitere bereits bei den Querstreben, da ich trotz „Handschuhe ausziehen“ und „Grastrocknung“ keinen guten Halt fand. Aber der Tag wird kommen an dem ich „Funkey Monkey 2.0“ schaffen werde :-).
Viel Wald und etwas Biologieunterricht
Den Markierungen folgend trafen wir auf einen „frei schwebenden“ Baumstamm „Holzfäller“, der in Brusthöhe den Weg versperrte. Einmal drüber hieß die Devise. Es stellte sich heraus, dass es einfacher aussah als es tatsächlich war. Der Baum war aufgrund seines Umfangs nicht wirklich zu greifen. Viele rutschten nach ersten Versuchen wieder ab. Da half nur Teamwork. Einmal Räuberleiter und der Baum war Geschichte. Weiter ging´s durch den Wald wo wir Hindernisse wie „Heuschnupfen“ oder „Holz vor der Hütte“ hinter uns ließen. Das folgende „Hangover“ schaffte ich erstmals ohne fremde Hilfe, da ich verstärkt meine Beine einsetzte. Es war zwar ein Kraftakt, aber mit der richtigen
Technik kann es klappen. Bei „Boa Constrictor“ erlebte ich dann eine kleine “biologische” Überraschung. Angefeuert durch die Tough Mudder Crew wurde aus meinem schönen Chicken ein Truthahn, eine Zuschauerin nannte es gar Ente. Hatte sich das Chicken durch die Tortur so verändert? Oder sind die Kenntnisse über die Fauna seit meiner Schulzeit rapide in den Keller gerauscht :-). Egal, nach dem Bildungsschock und etwas Aufklärungsarbeit tauchte ich ab in die Röhre, um auf der anderen Seite wasserdurchtränkt wieder aufzutauchen.
Weitere Highlights gab´s auf dem Rückweg
Auf dem Rückweg passierten wir noch Hindernisse wie die „Mudder Dünen“, „Huckepack“ oder „Spiderman“. Dem Ziel nähernd folgten die „Berlin Walls“. Auf den ersten Blick ein Herausforderung, die man lediglich mit fremder Hilfe schaffen würde. Doch auch hier konnte ich Dank der Beintechnik die rund 3 Meter hohen Wände überwinden. Dem Ziel recht nahe kam das nächste Hindernis-Highlight. Everest 2.0. Eine Half-Pipe, die es in sich hatte. Auch hier ging es nur mit Teamwork weiter. Die Läufer konnten sich auf breiter Front vor der Wand aufstellen. Oben warteten diejenigen, die es bereits geschafft hatten, um den anderen unter die Arme zu greifen. Also sprintete ich los. Auf halber Höhe der Halfpipe angelangt Griff ich zu. Die erste, direkt danach die
zweite Hand. Mit vereinten Kräften schaffte ich es über die Kante von “Everest 2.0”. Das war noch einmal ein Kraftakt. Anschließend reihte ich mich bei den Helfern ein und unterstützte ebenfalls die angehenden Tough Mudder Finisher. So schaffte es beinahe jeder, diese Wand zu meistern.
Nun standen noch “Dead Ringer” und “Electroshock” auf dem Programm. Beim “Dead Ringer” musste man mit Hilfe von zwei Ringen an einem Brett, das mit senkrechten Stäben versehen war, schwungvoll von links nach rechts hangeln. Das hangeln selbst ist nicht das Problem, man benötigt allerdings die entsprechende Technik. Mangels Erfahrung ging es bei mir nur Anfangs gut.
Zu guter Letzt galt es noch “Electroshock” zu passieren. Auf rund 10 Metern hingen die Elektrodrähte wie Tentakeln einer Qualle fast bis zum Boden. Viele liefen in Gruppen durch das Gewirr. Geteilter Schmerz ist bekanntlich halber Schmerz. Glücklicherweise bin ich dieses Mal komplett von den Stromstößen verschont geblieben. Was mich auch nicht traurig stimmte :-).
Im Ziel angekommen erhielten alle eine kühlende Erfrischung sowie das berühmte Tough Mudder Stirnband. Leider waren die Finisher-Shirt in der Größe “L” bereits vergriffen. Daher gaben viele ihren Namen und E-Mail Adresse ab. Wann diese an die Läufer versendet werden würden stand zu dem Zeitpunkt allerdings nicht fest. Zwei Wochen danach habe ich noch keine Nachricht darüber erhalten, ob und wann ich das Finsiher-Shirt erhalten soll. Warten wir es einmal ab.
Fazit: Der Tough Mudder ist sicherlich ein Lauf den man gemacht haben muß. Die Streckenführung und die Hindernisse in Arnsberg waren anspruchsvoll und erforderten eine gute Gesamtfitness. Trotz allem haben auch Rookies ihren Spaß. Die Stimmung an der Strecke und im Mudder Village war klasse. Die Orga läßt bis auf die fehelnden Finisher-Shirts in der Größe “L” kaum Wünsche offen. Beim Preis-Leistungsverhältnis würde ich mir wünschen, dass Leistungen wir Gepäckaufbewahrung und Parken (abgesehen vom VIP-Parken) bei dem aufgerufenen Startgeld enthalten sind.
Von befreundeten Läufern und aus den sozialen Netzen habe ich vernommen, dass am Samstag an einigen Hindernissen recht lange Wartezeiten herrschten. Dies hat sicherlich mit der ungleichen Verteilung der Teilnehmeranzahl zu tun. Laut Veranstalter waren am Samstag rund 6.900, am Sonntag lediglich 1.200 Tough Mudder am Start. Ich hatte da keine Schwierigkeiten. Auch wurde Kritik bzgl. der Qualität der Finisher-Shirt laut. Ob diese gerechtfertig ist, kann ich nicht beurteilen, da ich bis dato keines bekommen habe.
Ich denke so lange die Kritik konstruktiv und fair ist, ist diese auch zu begrüßen. Denn nur so können sich die Organisatoren von Hindernisläufenden verbessern und die noch junge Sportart nach vorne bringen. Alles in allem geht der Daumen für den Tough Mudder NRW klar nach oben. Gerne wieder.
Euer
TC